Deutschlands begrenzte Optionen, schwer vermeidbare Restemissionen mithilfe des Meeres auszugleichen
[...]
Oberstes Ziel auf dem Weg zur Klimaneutralität ist die Vermeidung von Emissionen. Doch angesichts der Notwendigkeit, schwer vermeidbare CO2-Emissionen in Zukunft durch eine Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre auszugleichen, gewinnen Methoden zur CO2-Entnahme und -Speicherung mithilfe des Ozeans zunehmend an Aufmerksamkeit. Welche Möglichkeiten hat Deutschland, seine Meeresgebiete dafür zu nutzen? Dieser Frage geht eine Studie nach, in der Forschende erstmals versuchen, die Machbarkeit von CO2-Entnahme- und Speicherung in deutschen Gewässern abzuschätzen, wenn man die lokalen Meeresbedingungen berücksichtigt und danach fragt, woher das notwendige Material, die erforderlichen Infrastrukturen und die benötigte Energie kommen sollen, die eine meeresbasierte CO2-Entnahme im großen Stil erfordern würde.
Neueste Forschungsergebnisse ausgewertet
Für die Analyse haben die Forschenden sowohl aktuelle Fachliteratur ausgewertet als auch Ergebnisse aus ihrer aktuellen Arbeit in der DAM-Forschungsmission zur marinen CO2-Entnahme und -Speicherung (CDRmare) einfließen lassen. Abgefragt wurde für jede Methode unter anderem wie viel Wasser, Material, Energie, Land- oder Meeresfläche benötigt werden, welche Abfall- oder Beiprodukte entstehen könnten, welche Bauten und Transportwege notwendig wären, welche Betriebskosten entstünden und was über mögliche Auswirkungen auf Mensch und Natur bekannt ist. [...]
Zehn marine CO2-Entnahmemethoden in der engeren Auswahl
Am Ende des mehrjährigen Auswahlprozesses blieben fünf Verfahren zur CO2-Entnahme übrig, die in den deutschen Nord- und Ostseegewässern umgesetzt werden könnten. Fünf weitere untersuchte Methoden müsste die Bundesrepublik in internationalen Gewässern umsetzen oder dafür mit anderen Küstenstaaten kooperieren. [...]
Zu den in der Studie beschriebenen marinen CO2-Entnahme- und Speicherverfahren zählen:
Verfahren zur Erhöhung der CO2-Säurebindungsvermögens (Alkalinität) des Ozeans:
1. die Herstellung einer Lauge aus Silikatgestein und Wasser sowie die Verteilung dieser Lauge im Flachwasser entlang der deutschen Nordseeküste,
2. die Herstellung einer Lauge aus Löschkalk und Wasser sowie die Verteilung dieser Lauge entlang der Schifffahrtswege in der deutschen Nordsee,
3. das Einstreuen von pulverisiertem Basaltgestein vulkanischen Ursprungs entlang der deutschen Küste,
4. die Einleitung von Natriumhydroxid, welches in Entsalzungsanlagen durch Elektrolyse gewonnen werden kann (derzeit keine Entsalzungsanlagen in Nord- oder Ostsee).
Verfahren zur Wiederherstellung und Ausweitung vegetationsreicher Küstenökosysteme
5. die gezielte Ausweitung oder Einführung von Kelpwäldern rund um die deutsche Nordseeinsel Helgoland,
6. die Wiederherstellung und Ausweitung von Mangrovenwäldern in Indonesien,
7. der künstliche Auftrieb nährstoffreichen Tiefenwassers, um das Planktonwachstum im Nordatlantik anzukurbeln (Verstärkung der biologischen Kohlenstoffpumpe des Ozeans)
8. die gezielte Zucht von Sargassum-Algen im subtropischen Wirbel des Südatlantiks sowie das anschließende Versenken der erzeugten Biomasse im Meer
Verfahren zur Speicherung von abgeschiedenem, biogenem CO2
9. die Zucht von Großalgen mit anschließender Verwendung der Biomasse für die Herstellung von Biomethan. Bei der Verbrennung des Methans im Gaskraftwerk würde das entstehende CO2biogenen Ursprungs abgeschieden, komprimiert und in Sandsteinformationen unter der deutschen Nordsee gespeichert.
10. die direkte Entnahme von CO2 aus der Umgebungsluft mit anschließender Speicherung in der ozeanischen Basaltkruste vor der Küste Norwegens
(PM Geomar, gek.)
Weitere Informationen unter geomar.de
Originalpublikation:
Yao, W., Morganti, T. M., Wu, J., Borchers, M., Anschütz, A., Bednarz, L.-K., et al. (2025). Exploring site-specific carbon dioxide removal options with storage or sequestration in the marine environment – the 10 Mt CO2 yr−1 removal challenge for Germany. Earth's Future, 13, e2024EF004902. DOI: 10.1029/2024EF004902 Link